Report of the British Embassy through China and a part of Tartary

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Report of the British Embassy through China and a part of Tartary
Nachricht von der brittischen Gesandtschaftsreise durch China und einen Theil der Tartarei.
WG00001
Western
German
Johann Christian Hüttner  (1766-1847.0)
85-87
1797
Berlin: Bossischen Buchhandlung
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Am folgenden Tage wurde in Gegenwart des Kaisers ein Schauspiel gegeben,
dem auch die Gesandtschaft beiwohnte. Im Park ist ein besonderes
Schauspielhaus erbauet, welches aus einem erhöhten Parterr und aus zwei
Stockwerken besteht. Es wird von einem Hofe umgeben, den verschiedene
Gebäude mit sehr guten Zimmern, in einem regelmäßigen Vierecke
einschließen. Der Kaiser befand sich in dem Theile dieser Gebäude,
welcher den Buhnen (es sind nehmlich ihrer drei über einander) gegenüber
ist. Diese Buhnen haben keine Dekorationen an den Seiten; aber den
hintergrund begränzt eine durchbrochene, mit Blumen und Vergoldungen
verzierte Wand mit zwei Thuren. Das Schauspiel bestand in Turnieren und
in dem Aufzuge eines Meergottes. In den ersteren fehlte es nicht an
Verschiedenheit; und Zuschauer, die nie etwas Besseres gesehen hatten,
mußten Vergnügnen daran finden. Die jenigen Schauspieler, welche alte
helden, große Krieger oder Könige auf der Chinesischen Bühne vorstellen,
bemahlen sich das Gesicht über und über mit schwarz und weiß, haben
lange Bärte, an jeder Schulter zwei Flügel, große Spieße, und schreien,
anstatt zu sprechen. Dergleichen helden erschienen hier viele in sehr
verschiedenen Anzügen, welche, so wie die Anzüge der übrigen
Schauspieler, von den reichsten Stoffen und seidnen Zeugen waren. Der
Aufzug des Meergottes brachte eine Menge Meerungeheuer auf die Bühne.
Sie konnten in der Luft nicht schwimmen; daher hatte man ihnen zwei oder
vier Menschenfüße geliehen, und sie schritten mit großer Ordnung hinter
einander über die Bühne. Wenn man sich nun noch überdies erinnert, wie
freigebig die Chinesen bei ihren Schauspielen mit Klappern, Becken und
sogenannter Musik sind, so wird man leicht einsehen, daß es nicht wenige
Geduld erforderte, drei Stunden lang Zuschauer zu sehn.

Als der Kaiser an diesem Morgen mit dem Gesandten sprach, sagte er zu
ihm: „Ihr dürft nicht glauben, daß ich meine Zeit bei Schauspielen
verderbe. Ein Kaiser hat genug Geschäfte; aber an festlichen Tagen, wie
der Tag meiner Geburt ist, mache ich, nach der Sitten meiner Vorfahren,
eine Ausnahme.“ […]